Er wurde international geehrt wie kein anderer Sommelier in Deutschland: der gebürtige Elsässer Stéphane Gass, 49, der am 3. November 1990 erstmals Wein in der Schwarzwaldstube einschenkte. Patron Heiner Finkbeiner gratulierte dem „lieben Stéphane“ zum Jubiläum mit einer Dankesrede:
„Wenn man Dich in Deiner jugendlichen Sportlichkeit und dynamischen Ausstrahlung vor sich sieht, mag man nicht glauben, dass Du schon 30 Jahre im Haus bist. Noch erstaunlicher und höchst bewundernswert ist, was Du in dieser Zeit alles erreicht hast: Du wurdest seit 1997 mehrmals Sommelier des Jahres, La Revue du Vin de France würdigte Dich und damit erstmals ein deutsches Restaurant mit der Auszeichnung zur „Weinkarte des Jahres“, La Liste in Paris adelte Dich mit ihrem Sonderpreis „Beste Weinkarte der Welt“.
Mon Dieu, wer hätte das alles ahnen können, als 1990 an einem herbstlichen Sonntagmittag Deine Großmutter mit Dir in die Schwarzwaldstube kam und mich fragte, ob Du mit Deinen 19 Jahren bei uns anfangen könntest. Als ich ja sagte und wir vereinbarten, dass Du am 3. November als Commis-Sommelier beginnst, nahm Deine Oma meine Hand, schaute mich an und sagte: „Bitte passen Sie gut auf ihn auf.“ Das nahm ich so ernst, dass Du die untere Wohnung in unserem Haus bekamst. Und schon bald bist Du meiner Frau und mir ans Herz gewachsen.
Dass Dich auch die Gäste gleichsam ins Weinherz schlossen, hat zwei Gründe, für die Du an den Tischen der Schwarzwaldstube und in allen gastronomischen Medien oft und viel gelobt wurdest und immer wieder wirst.
Zum einen ist es Dein jedem Gast, Kollegen und Journalisten imponierendes Fachwissen, Dein nie nachlassender Spürsinn für großartige Entdeckungen und Dein aromatisches Einfühlungsvermögen in das beglückende Zusammenspiel von Küche und Wein.
Zum anderen kommt Deine stets sehr sympathische Art hinzu. Völlig unaufdringlich verstehst Du als weltoffener Franzose mit Deinem romanischen Charme den kundigen wie den neugierigen oder unsicheren Gast für den passenden Wein zu begeistern, passend zu den aromatischen Herausforderungen der Gerichte, passend zur Stimmung am Tisch.
Du warst und bist in Vielem prägend für die deutsche Weinszene. Zum Beispiel beim Champagner: Du hast Billecart-Salmon hierzulande etabliert, Dein Faible für charaktervolle Winzerchampagner machte in ganz Deutschland Schule, ob glasweise zum Aperitif oder als Flasche von Eric Rodez am Mittag, die sich dank eines hohen Pinot Noir-Anteils zum ganzen Menü durchtrinken lässt. Dein Einfühlungsvermögen verlässt Dich auch nicht, wenn Deine Frau am Abendbrottisch überraschend Lust hat, zu Spaghetti all’arrabiata Champagner zu trinken. Eine Herausforderung, die Dich als guten Ehemann in den häuslichen Keller steigen und etwas Gereiftes finden lässt, das dann in große Weingläser eingeschenkt durch seine volle Aromenentfaltung mit der Schärfe der Peperoninoten mithalten kann.
Dass Du Deine liebe Frau Margit, die Dich in der Arbeits- und Lebensfreude jung bleiben lässt, hier in der Traube kennenlerntest und dass ihr auf Eure beiden Töchter sehr, sehr stolz sein könnt, hat ganz sicher Dein Wirken hier im Haus ganz besonders beflügelt. Du hast die Traube 2009 um die von Dir wie einen Herzenswunsch aufgebaute Vinothek bereichert und Du hast nicht erst seit 2013, als Du auch Restaurantdirektor wurdest, mit David Breuer die Schwarzwaldstube zu einem leuchtenden Beispiel dafür gemacht, mit welch angenehm unzeremonieller Lockerheit sich große Gastfreundschaft bieten lässt.
Die Traube Tonbach profitierte von Deinem brillanten Wirken und dessen verdienter medialer Würdigung in einem Maße, das uns alle im Hause zu größter Dankbarkeit verpflichtet. Mit den allerbesten Wünschen für Deine Gesundheit und Schaffenskraft danke ich Dir auch im Namen meiner Familie. Wir möchten uns heute aber auch etwas von Dir wünschen: noch viele gemeinsame Jahre hier im Haus.“
Foto: Traube Tonbach