Alle Jahre wieder grübeln und pröbeln die Pariser Pâtissiers monatelang für ihre Osterfestspiele: den inoffiziellen, aber gleichwohl überaus ernstgenommenen Wettbewerb um das sensationellste Œuf de Pâques. Die größte Bühne bereiten ihnen die Luxushotels mit ihrem internationalen Publikum, die professionellste die eigenen Boutiquen. Manch golden Ei wird in der Hotelhalle wie ein Bijou präsentiert, die Schöpfer der essbaren Schmuckstücke denken aber (meist) auch an die lieben Kleinen. Denen bringt in Frankreich kein märchenhafter Osterhase die weniger kostspielige süße Befriedigung in Schokohülle und Pralinenfülle, sondern die wird der frommen Legende nach von den Kirchenglocken abgeworfen, die Ostersonntag von ihrem Ausflug zum Papst nach Rom heimfliegen und dann feierlichst läuten. Süßer die Glocken kaum klingen als für die 2022er Inspirationen:
Maxime Frédérics kombiniert fürs „Œuf Carrousel“ im Hotel Cheval Blanc Milchschokolade aus Peru, dunkle Schokolade aus Madagaskar und einen Hauch von weißer Schokolade und lässt die Pferde ihren Luftsprung über einer Kakaoschale machen, unter der Haselnüsse locken.
Michael Bartocetti verleiht im Hotel George V dunkler Schokolade (70 %) aus Papua-Neuguinea die Aromennoten von gepuffter, karamellisierter Concha-Maispraline und gesalzenem Butterkaramell.
Pierre Hermé spielt für die Natur-Kollektion seiner Boutiquen mit den Texturen und Sorten von Schokolade.
Nina Métayer ziert ihre Délicatesserie-Eier mit derzeit besonders wirkungsvoller Symbolik: Olivenzweigen als Inbegriff des Friedens. Sie sind aus Kakaotuile; in der Hülle aus Linnolat-Schokolade locken Pralinen von nussig bis Fleur de sel.
Bei Nicolas Cloiseaus ziseliertem Kunsthandwerk für La Maison du Chocolat verzieren 200 Schokoladefedern ein güldenes Ei voller Pralineneiern.
Quentin Lechat entführt im Hotel Royal Monceau auf die Osterinseln. Sein gebackener Moai ist mit karamellisierten Pistazien bestreut und enthält cremige Pistazienpraline mit Fleur de sel.
Nicolas Guercio stilisiert fürs Hotel Lutetia dessen – einen Ozeandampfer assoziierende – Fassade. Hinter deren Zartbitterschokolade (64% ) aus Madagaskar verbergen sich Pralinen und ganze Haselnüsse mit Fleur de sel.
Ihrer „Copinson-Chimäre“ aus Henne, Hase und Fisch verlieh die Manufaktur von Alain Ducasse eine Zartbitter- und eine Milchschokoladenseite. Das übernatürliche Geschöpf füllen 40 Pralinen.
Pierre-Jean Quinonero nannte seine Skulptur für Le Burgundy Paris „Der Wald von Notre-Dame“ – als Anspielung auf die Holzbalken im Kathedralendach… Das Gebälk aus Peru-, Belis- oder Madagaskar-Schokolade verbirgt Pralinen aus Pinienkernen, Mandeln und Tahiti-Vanille-Karamell.
Johan Giacchetti widmet sein diesjähriges Osterei fürs Hotel Bristol dem jungen Socrate, Sohn des langjährigen Hauskaters Fa-raon. Er lümmelt in Schokoladen mit süßen oder fruchtigen Noten.
Maxence Barbot empfand fürs Hotel Shangri-La die Baumrinden seiner bretonischen Heimat nach, die eine Hälfte aus Haselnusspraline, die andere aus Pistazienpraline. Sie umhüllen ein stilisiertes Schokoladenei.
Matthieu Carlin erinnert sich fürs Hotel Crillon an die märchenhaften Osterglocken der Kindheit. Den Hohlkörper füllen eiförmige Pralinen mit Nüssen und Trockenfrüchten.
Küchenchef Niko Romito verkünstelte sich nicht bei seinem ersten Ei, das er dem Hotel Bulgari ins Nest legte, sondern setzte auf zweierlei sehr Bewährtes: die Schlange als Markenzeichen des italienischen Unternehmens und besten Pistazien aus deren Hochburg Bronte für die Signalfarbe.
Anna Coruble spielt im Hotel Peninsula auf den Schneebesen an, ohne den kein Pâtissier auskommt, und formt die luftige Schlagsahne aus weißer Vanilleschokolade. Die umfasst eine salzige Praline mit rohen Haselnüssen, gegrillter Vanille aus Madagaskar und karamellisierten Haselnussstückchen.
Jérémy Del Val aus dem Delikatessenhaus Dalloyau kreierte fürs Hotel Samaritaine ein Ei à la Denim-Jeans. Unter dem ikonischen Blau und dem Bronze der Nieten aus natürlichen Farbstoffen bietet dunkle Schokolade überraschende Noten von Gewürzen und Tanninen.
Jimmy Mornet imitiert fürs Hotel Vendôme eine Alphonso-Mango, die ursprünglich aus Indien stammt und sehr aromenreich ist. Das Schokoladenei, 1000 g schwer und 26 cm hoch, zieren die gelben, grünen und roten Farbtöne der reifenden Frucht in samtiger Struktur.
Matthieu Carlin lässt fürs Hôtel de Crillon die legendäre DS wieder vorfahren, drapiert mit weißer Schokolade und Pralinenbrocken.
Cédric Grolet variiert zum diesjährigen Ostern im Hotel Meurice seine berühmte Haselnuss. Öffnet man die mit Gold bestäubte Schokoladenschale und darunter die weiche Schicht aus Schokoladenganache und Haselnusspraline, purzeln geröstete ganze Haselnüsse heraus.