In Frankreich erscheinen neuerdings gefühlt pro Woche mindestens zwei Bücher von bekannten Pâtissiers. Denn auch bei den Zuckerbäckern der Grande Nation gilt Karl Valentins „Es ist schon alles gesagt, nur noch nicht von allen.“ Deshalb können auch der 17-jährige Hotelfachschüler Romain Gourseau und die Bloggerin Laurainne Pau, immerhin schon 32, nicht länger auf dem Buchmarkt des süßen Lebens schweigen. Da beide bei ihrer privaten Konditorei zigtausende Follower haben, fanden sie für den Wunsch, ihr Lebenswerk mit einem Buch zu krönen, einen Verlag, ohne durch ein Konzept oder irgendwelche neuen sieben Sachen zum backe, backe Kuchen überzeugen zu müssen. Denn die üblichen Werbungskosten für auskömmliche Auflagen entfallen, wenn die Autoren auf Facebook, Instagram, Pinterest, TikTok, Twitter und YouTube ihre Windmaschinen anwerfen können.
Wer nach dem Wesentlichen sucht, findet Erkenntnisse wie diese bei Gourseau: „Makronen oder Windbeutel zum Beispiel sind ziemlich technische Kreationen und sie sind selten beim ersten Mal perfekt. Man muss trainieren, versuchen zu verstehen, warum es nicht funktioniert hat, und neu anfangen. Es braucht viel Ausdauer.“ Der Verlag Éditions F1rst, der sich als „ein führender Anbieter neuer Trends“ sieht, hatte es mit der Veröffentlichung von Gebäck & Snacks so eilig, erinnert sich Gourseau, „dass ich nach dem Fotoshooting 50 Rezepte in 5 Tagen machen musste“. Die Befähigung dazu hat der Autor, der schon mit 14 bei Instagram war, zweifelsohne: Er ist schließlich im 3. Jahr in der Klasse für Bäcker-Konditoren der Hotelfachschule in Saint-Chamond (bei Saint-Étienne) und hat Praktika im Pariser Hotel Plaza Athénée und im „Maison Trois Gros“ gemacht.
Mit seinem brochierten Erstlingswerk (160 Seiten für 14,95 €) möchte der Schüler, der selbstredend seinen Namen auf der Kochjacke hat und Chef-Pâtissier werden will, „jedem eine neue Hilfestellung bieten, meine Rezepte zu transkribieren. Egal, ob Sie Anfänger sind oder bereits eine Leidenschaft für Genuss haben, ich lasse Sie meine Tipps und meine Techniken entdecken, damit alle Ihre Kuchen ein Erfolg werden.“ Das wird im Netz z.B. so bejubelt: „ein leckeres Buch zum einfachen Backen in drei Schlägen mit dem Schneebesen.“
Laurianne Pau aus Montpellier, die sich im Netz als „Créatrice de contenu culinaire“ bescheiden hinter dem Pseudonym Perle en sucre verbirgt, „nutzt seit 2014 ihre Leidenschaft für das Backen, indem sie Gourmetrezepte auf ihrem Blog teilt“. Die sind seit 2017 vegan – und passen damit ins Programm des Pariser Verlags Éditions La Plage, der einen „ethischen und ökologischen Ansatz verfolgt und sich nicht an internationalen Blockbustern beteiligt“. In ihrem ebenfalls brochierten Œuvre Der Geschmack der Kindheit (160 Seiten für 29,95 €) ohne Milch und Eier, bittet die Autorin um Nachsicht: „Gebäck neu zu entdecken, indem man es grün macht, ist eine echte Herausforderung für mich! Aber ich sehe es nicht als Hindernis, sondern im Gegenteil als Chance, einen neuen Weg zu gehen.“ Ich musste „oft als Chemikerlehrling improvisieren, haha!, bis ich die richtigen Dosierungen gefunden habe, um zufriedenstellende Ergebnisse zu erzielen“. Das Netz ist u.a. so begeistert: „furiose Gourmet-Rezepte, ja, man kann vegan und genussvoll sein.“
Was die Verlage motivierte, behalten sie für sich: Sie bewerben die Bücher nicht. Nur La Plage macht seiner Klientel auf der Homepage Appetit auf la Perle en sucre: „Mit ihren Rezepten setzt sie sich auf ihre Weise für den Tierschutz ein.“
Fotos: Éditions F1rst / Pépa Sion; Perle en sucre.com