Aus Trauben machen ja viele in Kalifornien Wein. Aaliyah Nitoto fermentiert lieber Lavendel und Hibiskus, Rosen und Ringelblümchen in ihrem 300 m² großen Schiffscontainer. Da deren Blütenblätter nicht genug Stärke haben, um weintypische 11 bis 14 % Alkohol zu erreichen, setzt sie Zucker hinzu oder Zitrussaft, der zusätzlich Säure bietet. Mit Abfüllungen wie Rose Petal, Sparkling Lavender oder Marigold (alias Ringelblume) schaffte es ihre Free Range Flower Winery im kalifornischen Livermore vom Weinverkauf auf dem Canyon Market im nahen San Francisco über 10.000 $ Fördermitteln, die sie letztes Frühjahr als eine von 35 schwarzen Unternehmerinnen unter 12.500 Bewerberinnen gewann, bis in den nationalen Vertrieb von Total Wine.
Im Kundengespräch legt Winemaker Nitoto viel Wert auf die Feststellung, dass ihr Blumenwein keine neumodische Innovation ist, sondern mindestens 2000-jährige Tradition hat, wie sie aus dem Buch „The Way of Herbs“ erfuhr. Nun setzt sie als einzige Kalifornierin (und vermutlich weit darüber hinaus) den Chrysanthemenwein der chinesischen Han-Dynastie fort. Und findet, dass ihr Ringelblumenwein wie ein gereifter Chardonnay schmecke. Doch laut Esther Mobley, Weinautorin des San Francisco Chronicle, trotzen die Blumenweine den Kategorien von Traubenweinen, sie seien etwas ganz Eigenes. Für sie bot die Ringelblume (32 $ die Flasche) eine tiefgoldene Farbe mit einigen oxidativen Noten, eine Zitrusexplosion (aufgrund des zugefügten Zitronensafts), den Eindruck, auf einer Blumenwiese zu stehen, und assoziierte, wohlschmeckend und krautig, Thymian und Meersalz. Der RoseHybiscus (39 $) könnte ein kohlensäurehaltiger Pinot Noir sein. Der Wein habe eine lebendige, durchscheinende Magentafarbe und explodiert mit saftigen Aromen von Sauerkirsche, Preiselbeere und Orange (ebenfalls aus Saftzugabe). Er habe Aromen, die man von einem Eichenfass erwarten könnte, wie Sandelholz und Vanille, obwohl der Wein nie mit Eiche in Kontakt kam; er biete etwas Tannin aus den Blütenblättern, wodurch er noch weiniger schmeckt, und fühle sich in der Textur weicher und teeartiger als Pinot Noir an. Der Lavendel-Schaumwein (23 $) sei scharf und kräuterig, schmecke nach Anis, Wacholder und bittersüß wie Zitronenschale, alles verstärkt durch sprudelnde Kohlensäure. Der Lavendel habe etwas Wermut- oder Amaro-ähnliches mit seiner durchschlagenden, erfrischenden Bitterkeit.
Die aus Gerichten und anderen Getränken mit Blumen bekannte Erkenntnis, dass die immer schön bis herrlich zu riechenden Pflanzen nur sehr selten auch so schmecken, erspart einem die neue Form von Flower Power. Obwohl sie den schmalen Grat, Weine zu machen, die nicht zu blumig, aber dennoch nach Blumen schmecken, immer besser zu beherrschen scheint, behält Aaliyah Nitoto ihren Brot- und Butterberuf: Sie ist Gesundheits- und Ernährungspädagogin für eine gemeinnützige Organisation namens Healthy Black Families.
Foto: Free Range Flower Winery