Wer als FAZ-Leser gern Champagner und Cognac trinkt, den interessiert sehr wahrscheinlich ein Interview, in dem seine Zeitung bei Moët Hennessy erfragt: „Wie ist es der Luxus-Branche in der Pandemie ergangen? Gilt immer noch die alte Weisheit: ‚Wahrer Luxus geht immer‘?“
Darauf erzählt Philippe Schaus, CEO von Moët Hennessy: „Die Nachfrage nach Qualität ist größer geworden. Und davon profitieren wir. Ich habe neulich mit einem Händler in Italien gesprochen, der berichtete mir, dass die Kunden, die früher einen Wein für 15 Euro kaufen wollten, nun 20 Euro ausgeben. Und dass jene, die früher Prosecco getrunken haben, jetzt Champagner wollen.“ Das ist so unrepräsentativ, dass die FAZ es weglassen könnte. Stattdessen schöpft sie daraus im vermeintlichen Boulevardblattstil die Überschrift: „Wer früher Prosecco trank, will jetzt Champagner.“
Der News-Wert des Interviews erschließt sich immerhin in der drittletzten Frage: „Haben sich die Ansprüche der Kunden insgesamt verändert? Ist für sie Luxus noch das Gleiche wie vor 20 Jahren?“ Da darf die im Champagnerkonzern für den preisgünstigeren Schaumwein verantwortliche Sibylle Scherer verkünden: „Vor einigen Wochen haben wir nun nach vier Jahren Entwicklungszeit unseren Chandon Garden Spritz auf den Markt gebracht, einen anspruchsvollen Aperitif, den wir in unserem argentinischen Betrieb aus Schaumwein und einem handgefertigten Orangenbitterlikör kreiert haben – und der passt genau zu dieser neuen, jüngeren Generation von Kunden, die sich zwar ein elegantes und hochwertiges Produkt wünschen, dieses aber informell und casual genießen wollen.“
Es gibt zumindest zwei FAZ-Leser, die das Produkt bislang nur in der Metro gesehen haben und deshalb umso mehr in der FAZ bestaunen, die sich „exzellenter journalistischer Qualität“ rühmt und als „Pflichtlektüre in den höchsten Ebenen von Ministerien, Konzernvorständen und Behörden“ sieht.