Was der Neuen Welt das Soul Food, ist uns die Nervennahrung: Jene zuckerhaltigen und fettreichen Lebensmittel, nach denen wir uns oft sehnen, wenn wir gestresst oder depressiv sind – und die drüben wie hüben nicht guttun, weil nur eine gesunde Ernährung einen gesunden Darm fördert, der über die sogenannte Darm-Hirn-Achse mit dem Gehirn kommuniziert. Denn Mikroben im Darm produzieren Neurotransmitter wie Serotonin und Dopamin, die unsere Stimmung und Emotionen regulieren. Führend in der Forschung, wie sehr das Darmmikrobiom die psychische Gesundheit beeinflusst, ist Felice Jacka, Professorin für Ernährungs- und Epidemiologische Psychiatrie und Leiterin des Food & Mood Centre an der Deakin University im australischen Geelong sowie Präsidentin der International Society for Nutritional Psychiatry Research (ISNPR), der rund 200 Forscher angehören.
„Getrieben von dem Wunsch, das Geschäftsmodell der Fastfood-Industrie zu zerstören“, wies sie als erste Wissenschaftlerin einen Zusammenhang zwischen dem westlichen Ernährungsstil und Depressionen und Ängsten nach und veröffentlichte Hinweise darauf, dass ungesunde Ernährung das Gehirn schrumpfen lässt. Sie leitete 2017 auch die erste große Studie, die den Zusammenhang zwischen Essen und Stimmung untersuchte. Dazu wurden 67 klinisch depressive Menschen, die viel zuckerhaltige Lebensmittel, verarbeitetes Fleisch und salzige Snacks sowie wenig Ballaststoffe, mageres Protein oder Obst und Gemüse aßen, in zwei Gruppen geteilt. Eine traf sich dann regelmäßig mit einer Ernährungsberaterin, die ihnen nahebrachte, Süßigkeiten, Fast Food und Gebäck durch Vollwertkost wie Nüsse, Bohnen, Früchte und Hülsenfrüchte zu ersetzen, von Weißbrot zu Vollkorn- und Sauerteigbrot zu wechseln, Gemüsepfannkuchen statt Pizza zu essen und stark verarbeitetes Fleisch wie Schinken, Wurst und Speck gegen Meeresfrüchte und kleine Mengen mageres rotes Fleisch zu tauschen. Nach zwölf Wochen, in denen alle 67 weiterhin ihre Medikamente nahmen und gleiche psychologische Betreuung erhielten, waren 30 Prozent der Ernährungsumsteller und 8 Prozent der anderen Gruppe nicht mehr depressiv. (Randergebnisse: Die gesünder Essenden nahmen nicht ab und gaben durchschnittlich pro Woche 22 € weniger für ihre Lebensmittel aus als zuvor.)
Letztes Jahr wurde bei einer Studie mit 150 Depressiven herausgefunden, dass eine dreimonatige mediterrane Diät mit Fischöl-Ergänzung die Symptome von Depression, Stress und Angst verringerte. Letzten März schrieb Drew Ramsey, Psychiater und Professor an der Columbia University in New York, für eine gehirnstärkende Ernährung durch Förderung des neurotrophen Faktors ein allgemeinverständliches Rezept: „Meeresfrüchte, Gemüse, Nüsse und Bohnen – und ein bisschen dunkle Schokolade.“
Foto: Food & Mood Centre at Deakin University