Das vermutlich weltweit meistgewählte Wort für eines der beliebtesten und allgegenwärtigsten Lebensmittel wird seinem Ruf nicht gerecht: Denn das englische Wort „Dumpling“ lässt sich über ein paar Jahrhunderte aufs Substantiv „Dump“ zurückverfolgen, was wahrscheinlich Klumpen bedeutete und weder in seiner Verkleinerung noch in der gängigen deutschen Übersetzung Knödel seiner heutigen kulinarischen Bedeutung gerecht wird. Tragend ist die Teigtasche.
Der im alten England aus Mehl, Wasser und einem Fett geformte und in Brühe gesottene Knödel hat einen wesentlich älteren chinesischen Verwandten. Der chinesische Arzt Zhang Zhongjing Jiaozi soll während der Han-Dynastie vor 2000 Jahren während der bitterkalten Winter an Erfrierungen leidenden Bauernfamilien verordnet haben, Hammelfleisch und Heilkräuter in Teigreste zu wickeln und in heißer Brühe zu essen. Jiaozi ist heute ein bekanntes chinesisches Teiggericht, das oft mit den kantonesischen Wan Tan verwechselt wird, und japanischen Gyōza wie koreanischen Mandu gleicht. Sie sind auch schwäbischen Maultaschen, polnischen Piroggen, ukrainischen Wareniki und türkischen Mantı ähnlich. Als Inbegriff asiatischer Teigtaschen gelten vielen auf Erden die Dim Sum, ob gedämpft oder frittiert, die Europäer schätzen die 1182 beurkundeten Ravioli aus Italien, die die Piemonteser Agnolotti nennen. Und die Mexikaner bereiten seit jeher ihre Tamales.
Dass die Engländer für die Vielfalt der kleinen Gerichte aus höchst unterschiedlich gefülltem Teig ihr arg schlichtes Knödelwort Dumpling in die Welt setzten und damit verwirrend wirkten, kann man ihnen genauso vorwerfen, wie den Fauxpas, das tamilische Wort für Sauce, Kari, in Curry geändert und es dann auf Tausende ganz unterschiedlicher Gerichte auf der ganzen Welt angewendet zu haben. Diesen Engländern gleichen all jene, die mittlerweile auch Empanadas, Samosas oder Calzone zu den Knödeln zählen. Noch kurioser erscheint in den USA die Ende August gestartete sonntägliche YouTube-Serie „The Bucket List: Dumplings“, die sogar Kohlrouladen in ihrem Teigtaschensortiment hat.
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