Worüber schreibt ein Pariser Restaurantkritiker, wenn die Lokale wegen des Corona-Virus geschlossen sind? Falls er so ausgeschlafen wie Gilles Pudlowski ist, über „das einzige ‚Restaurant‘, das heutzutage in Paris geöffnet ist“. In seiner lobenden Kritik für das Menü vom Rührei mit Seeigeln bis zur gebratenen Feige in Portwein mit gesalzenem Buttereis setzte er das Wort „Restaurant“ in Anführungszeichen, „weil es ein privater Club an einem Ort ist, der für zwei, vier, sechs Personen reserviert werden kann“. Die Leser seiner am 16. Dezember 2020 erschienenen Anmerkungen verstanden, wo sie mittags und abends La Soupe du berger (mit Weißkohl und Foie gras), Hummer „Thermidor“ und Fasan mit Birnen bekommen konnten: in Leroy‘s Business Club, 8 rue Quentin-Bauchard, direkt hinter den bestens bekannten Hotels Prince de Galles und George V. Niemand musste für die Reservierung suchen, denn „Pudlo“, wie ihn die Szene nennt, lieferte Telefonnummer und website mit – und die Amtspersonen, die in Paris überwachen, dass die Restaurants vorschriftsmäßig geschlossen sind, fanden nicht zu beanstanden, dass der als Sammler von Napoléon-Devotionalien bekannte Pierre-Jean Chalençon in seinem Club den von Pudlo wortreich und nett beschriebenen Küchenchef Christophe Leroy kochen lässt.
Die Kritik eines der bekanntesten französischen Gastro-Journalisten erregte immerhin die Aufmerksamkeit des TV-Senders M6, der ausgerechnet am 1. April alles andere als scherzhaft aus dem nicht namentlich genannten Club berichtete und einen Anonymus sagen ließ, er habe hier während der Pandemie-Schließung auch schon mit „einer gewissen Anzahl an Ministern zu Abend gegessen.“ Frankreich war empört – von der Regierung über die Staatsanwaltschaft bis zum sozialen Netzwerk unter dem Hashtag #OnVeutLesNoms (Wir wollen die Namen).
Daraufhin gab sich der Anonymus, Pierre-Jean Chalençon, zu erkennen und ließ seinen Anwalt mitteilen, es habe sich um einen Spaß gehandelt. Die website des Clubs war nicht mehr zu erreichen, der sonst so redselige Koch nicht mehr zu sprechen. Der könnte noch Ärger bekommen, weil er 2017 in St-Tropez mit zwei Restaurants so Pleite gemacht hatte, dass er nach französischem Recht nicht mehr als Küchenchef arbeiten darf (und damals sogar seine Geschäftspartnerin Pamela Anderson öffentlich gegen sich aufbrachte).
Die nun aufgebrachte Internetgemeinde moniert vehement Zweierlei. Erstens dass es im Leroy’s nicht wie in den letztes Jahr aufgeflogenen illegalen Restaurants Alltägliches à la Steak und Chateaubriand, sondern Luxuriöses wie Hummer und Fasan gab. Und zweitens, dass die Gerichte auf den Pudlo-Fotos völlig altmodisch und so gar nicht Instagram-mable aussehen…
Foto: gillespudlowski.com