Ein Kalb oder Lamm von Kopf bis Fuß zuzubereiten, klingt gut und zeugt von Respekt vor dem Tier. Aber wie liest sich Forellenkopf-Terrine, in Fischsperma-Mortadella gewickelter Rogen, Milz vom Yellow Fin Tuna und geräucherte Hamachi-Herzen oder Schokoladen-Brownie mit Kabeljaukaramell? Oder die Empfehlung, vor dem 14 Tage lang trocken gereiften Murray Cod, der gegrillt und inklusive seines mit Salz und Essig gewürzten Kopfs serviert wird, einen Happen des rohen Fisches zu essen, um dessen Textur und Geschmack zu verinnerlichen?
Derlei Delikatessen empfiehlt in Sydney Josh Niland, 32, in seinem Restaurants Saint Peter zweimal am Abend maximal 22 Gästen im Pescatarian fine dinner. 20 m entfernt betreibt er eine Fisch-Metzgerei, in der es außer den üblichen Fischfilets und ungewöhnlich geschnittenen Stücken auch Mortadella aus Makrele, Parfait aus Fischleber und Blutwurst aus Schwertfischblut gibt.
26 Jahre nachdem Fergus Henderson bei der Eröffnung seines Restaurants St. John in London mediale und kollegiale Aufmerksamkeit mit seinem „From Nose to Tail“-Konzept erregte, propagiert der Australier „The Whole Fish“. Betriebswirtschaftlich wird ihm da jeder Küchenchef ins Netz gehen: Denn bislang verwerten Restaurants für ihre Gäste nur 45 bis 50% des eingekauften Fischs, Niland will auf 90 bis 95% kommen – nur mit den Kiemen und der Gallenblase weiß auch er noch nichts anzufangen.
Jamie Oliver bejubelte das Programm als „ein umwerfendes Meisterwerk“, René Redzepi, in dessen Noma-Küche Niland ebenso hospitierte wie in der Entwicklungsküche des britischen Oberkreativen Heston Blumenthal, und Grant Achatz vom Alinea in Chicago lobten den Kollegen als „inspirierend“. So darf man auch seine Idee nennen, angelieferten frischen Kingfish, Wolfsbarsch oder Flachkopf in seiner minimalistisch aussehenden Küche nicht gleich zu grillen oder sonst wie zuzubereiten, sondern wie Rindfleisch in einem klimatisierten Kühlraum bei 0 bis -1° Celsius und geringster Feuchtigkeit solange trocken reifen zu lassen, bis er den „Sweet Spot“ erkennt, an dem der Fisch geschmacklich und texturell optimal ist. Die perfekt gealterte Fischhaut erreicht dann das Knistern eines krustigen Schweinebratens.
Auf Eis legt Niland keinen seiner Fische („eine lächerliche Methode“) und vom Wasser hält er sie auch fern, „weil es das Protein schnell in Ammoniak zerlegt, was den fischigen Geruch bewirkt.“ Was trinkt der „The Whole Fish“-Fan im Saint Peter? Wenn er sich bei Sommelier Ronnie Gorman beliebt machen will, eine Bloody Mary mit geräuchertem Thunfischherz.
Foto © Josh Niland