Von Kalifornien bis Oberbayern, in Paris wie Bensberg ist sein Metier dermaßen in der Krise, dass Dreisternekoch Yannick Alléno in französischer Theatralik appelliert: „Es ist dringend notwendig, die Generalstände der Gastronomie einzuberufen.“ In der Pariser Tageszeitung Le Monde fordert er eine konzertierte Aktion seiner Branche, der Produzenten und des Staates, um den Beruf zu überdenken:
„Die Gastronomie geht aus der Covid-19-Krise in einer paradoxen Situation hervor. Als die Franzosen monatelang ohne ihre Restaurants auskommen mussten, haben sie gemerkt, wie lebenswichtig deren selbstverständliche Besuche für sie sind und wie wenig selbstverständlich das Glück des gewohnten täglichen Lebens ist. Doch bei der Wiederöffnung kehrten zahlreiche Arbeitnehmer nicht zu ihrer Tätigkeit zurück, so dass sich viele Restaurants in der surrealen Situation befinden, ihre Gästezahl aus Personalmangel reduzieren zu müssen. Eine allgemein anerkannte Tätigkeit wird von einem Teil derer, die sie ausüben, abgelehnt: Dieser Widerspruch muss uns Arbeitgeber zu einer Erneuerung veranlassen.
Vergeuden wir nicht die einmalige Gelegenheit, uns neu zu erfinden. Zunächst einmal geht es darum, sich von Altlasten zu befreien: Härte des Berufs in der Küche, fehlende Gleichberechtigung, geringe Bezahlung, Unfallgefahr durch Spätdienst. Hinzu kommt, eher diffus, unser kollektiver Rückstand bei der Weiterentwicklung der Berufsregeln.
Es sind Maßnahmen in allen Bereichen erforderlich. In der Schule sollte man Kochen wie Musik- oder Zeichenunterricht einführen und die Regeln der Ernährung lehren – eine entscheidende Herausforderung in einer Zeit, in der „schlechtes Essen“ zu einem gesellschaftlichen Problem geworden ist. In der Berufsausbildung sollten die Führung eines Unternehmens, die bessere Entsorgung von Lebensmittelabfällen, das Sozialmanagement und eine kooperative Haltung gegenüber den Produzenten gelehrt werden. In der Aufwertung des Service müssen dessen Arbeitsregeln zeitgemäß werden. Im Marketing, das in den meisten Restaurants noch weit von den modernen Techniken der Kundenansprache, des ständigen Dialogs mit ihnen und der allgemeinen Nutzung des Internets entfernt ist, muss die Gästebetreuung verbessert werden.“
Foto: Alléno Paris – Pavillon Ledoyen