Unser tägliches Brot gib uns künftig… Fürs neue Vaterunser müssen Wissenschaft und Technik übernehmen, was Ackerbau und Viehzucht künftig konventionell nicht mehr schaffen, schon gar nicht nachhaltig und klimafreundlich. Deshalb servieren weltweit Start-ups neue Ernährungstrends – derzeit besonders beliebt bei Investoren:
Essbare Luft. Solar Foods im südfinnischen Lappeenranta lässt Mikroben im Bioreaktor mittels Wasser- und Kohlenstoff der Luft wachsen, sich vermehren und Protein produzieren. Das wird getrocknet zu einem Pulver, das geschmacklich und optisch Weizenmehl ähnelt und nicht allergen ist. Es hat den Nährwert von Proteinen auf Soja- und tierischer Basis, erzeugt aber fünfmal weniger Kohlenstoffemissionen und braucht 20-mal weniger Wasser. Die Kommerzialisierung des Solein genannten Pulvers für Brot, Pasta etc. könnte frühestens 2023 beginnen.
Air Protein in Pleasanton bei San Francisco gewinnt aus probiotischen Kulturen mittels Sauerstoff, Stickstoff und Kohlendioxid per Fermentationsprozess ein proteinreiches Mehl, das sich zu Produkten verarbeiten lässt, die Huhn und Rind ersetzen. Als erstes könnte Air Chicken nächstes Jahr Supermarktreife haben.
Fruchtbare Wüsten. Desert Control im südnorwegischen Sandnes verwandelte mit seiner Mischung aus Wasser und Ton namens Liquid Nanoclay, die nach Aufsprühen auf Sand die Feuchtigkeitsspeicherung und die Bodenfruchtbarkeit verbessert, Wüste um Dubai in Ackerland.
Hoch- und Tiefackerbau. Nordic Harvest baut mit technologischer Hilfe von YesHealth Group aus Taiwan am Stadtrand von Kopenhagen in Europas größter, 14 Etagen hoher vertikaler Farm rund 20 Salate und Kräuter dank Nutzung von Windenergie CO₂-frei an. Solch Indoor-Anbau nutzt weltweit Technologien wie Hydroponik und Aeroponik, um den Bedarf an Erde oder Sonnenlicht zu eliminieren, sowie künstliche Intelligenz für die Regulierung von Feuchtigkeit und Temperatur. Das ermöglicht im Vergleich zum Anbau auf ebener Erde ganzjährig höhere Erträge auf weniger Fläche, braucht keine Pestizide oder andere Chemikalien und deutlich weniger Wasser, hat aber einen teuren Energiebedarf.
Willo Farm im kalifornischen San Jose bietet eine App, mit der Kunden aussuchen und steuern können, was sie an Gemüse und Grünzeug aus der Vertikalfarm haben wollen und wie sie es wünschen. Farm.One in New York liefert seine „Grünen Pakete“ aus 700 Produkten den Abonnenten binnen Stunden nach der frühmorgendlichen Ernte – per Fahrradkurier und wiederverwendbarer Verpackung.
Cycloponics nutzt unterirdischen Leerstand und betreibt in einer Pariser Tiefgarage, einem früheren Straßburger Bunker und ungenützten großen Kellern in Bordeaux seine Bio-Bauernhöfe für Pilze, Salate und Sprossen. Growing Underground in London liefert aus einem 33 m tiefen Luftschutzbunker italienische, asiatische und Superfood-Salatmischungen in aller Öko-Güte.
Fisch aus Pflanzen. Shiok Meats in Singapur will 2023 seinen zellbasierten Laborersetz für Hummer, Garnelen und Krabben auf den Markt zu bringen, Wildtype in San Francisco und BlueNalu in San Diego dürften erst später mit ihrem zellengezüchteten Meeresgetier in den Handel kommen. Der Thunfisch auf Hülsenfruchtbasis von Good Catch in Newtown bei Philadelphia ist derzeit in der Textur flockigem Fisch aus der Dose noch sehr viel näher als der angestrebten Sushi-Glätte.
Foto: Solar Foods