Wenn Daniel Boulud, einer der New Yorker Starköche, derzeit nach dem Essen zu den Tischen der Gäste geht, dreht er keine Runde durch sein luxuriöses Restaurant, sondern geht auf dem Bürgersteig sein dort aufgereihtes Dutzend Cabanas ab, die an die Umkleidekabinen der besseren mediterranen Badestrände erinnern. Er öffnet deren elegante Vorhänge einen Spalt breit und hat ein freundliches Wort für alle, die in seinem dreigängigen 148-$-Menü das vermutlich beste Bœuf Bourguignon der Stadt gegessen haben.
Wie der Zwei-Sterne-Chef behelfen sich auch weniger bekannte New Yorker Gastronomen in der gegenwärtigen Lockdown-Zeit mit allerlei Ersatz für ihre geschlossenen Restaurants. Das Café du Soleil reihte für seine Muscheln mit Knoblauchfritten oder den Burger St-Tropez vor seiner Fassade am Broadway 18 geodätische Zelte auf, die durchsichtig, 2 m hoch und mit Tischen für 2 bis 6 Personen bestückt sind. Das Dr Clark in Chinatown bittet draußen in 8 bestens beheizte Kabinen mit Kotasu-Tischen für 2 bis 6 Gäste, die vorm Platz nehmen die Schuhe ausziehen müssen und maximal 80 Minuten lang Sashimi und Lamm Tataki zu Sake genießen dürfen. Das Samurai Papa in Brooklyn lässt seine Ramen-Suppen in kleinen rohbelassenen Holzschuppen mit kleinem Fenster und von der Decke baumelnder Glühbirne löffeln.
Besonders häufig werden Gewächshaus-Miniaturen aufgestellt, in Brooklyn baute das HotHouse Fort Greene gleich 15 für seine Shrimps und Spare Ribs. Und das deutschkochende Black Forest nebenan 10 für die 60 Minuten währende Freude am Flammkuchen und Chili-Huhn. In den zu Snow Chalets erhobenen, mit herabhängenden Plastikeiszapfen und weiterer Winterweiße dekorierten Gewächshäuschen des Lafayette in Manhattan isst man sein getrüffeltes Fondue Savoyarde oder das 125-$-Menü von der Zwiebelsuppe bis zu den Profiteroles am Marmortisch vorm elektrischen Kamin.
Verblüffendster Restaurantersatz sind bislang die in Manhattan vorm Crown Shy und Fairfax sowie am Lilia in Brooklyn aufgestellten Jurten-Miniaturen. Von der Decke hängt ein an fliegende Untertassen erinnerndes Gebilde, das sowohl wärmt als auch Burger, Ribey oder Flank Steak illuminiert. Diese zu Yurt Villages hochgejubelten Zeltplätze sind eine Werbeaktion von American Express und Gästen vorbehalten, die mit Amexco-Karte zahlen. Bislang stehen sie vor 13 Restaurants von Napa Valley bis Washington und New Orleans – ein Winter Wonderland, wie es noch kein Bing Crosby, Rod Steward oder Michael Bublé besungen haben.
Foto: Fairfax, New York