In seiner Tourismuswerbung sieht sich Singapur als „Stadtstaat der Superlative“. Und da dessen Regierung alles tut, um Singapur assoziativ mit Begriffen wie Kreativität und Vielfältigkeit in Verbindung zu bringen, darf es sich auch als „foodie paradise“ feiern. In dem gibt’s nicht nur Laborfleisch früher als anderswo auf Erden, sondern kommt nun auch Soja ins Weinglas – weil der promovierende Chua Jian Yong aus dem Food Science & Technology-Bereich der National University of Singapore 2016 auf die Idee kam, die bei der Tofu-Produktion anfallende Sojamolke mit Hefe zu impfen.

Das Ergebnis gibt’s seit November mit 5,8 % Alkoholgehalt und 67 Kalorien per 100 ml unter dem Namen Sachi, was im Japanischen „blühende Blumen und Weisheit“ bedeutet. Produziert von SinFooTech, das Chua und Studienkollege Jonathan Ng 2018 gründeten. Der versteht sich nach seinem Handel mit exotischen Haustieren und der Gründung einer Webdesign-Firma aufs Marketing: „Obwohl Sachi nicht aus Trauben hergestellt wird, haben uns für ‚Wein‘ entschieden, weil ja auch Produkte wie Reiswein und Honigwein den Verbrauchern helfen, die Produktidee schnell zu erfassen. Wir sprechen eine neue Generation von Lifestyle-Kennern an, denen positive soziale Veränderungen wie Nachhaltigkeit am Herzen liegen.“

Laut Ng ist diese Klientel „erstaunt über den erfrischenden Geschmack von blumigen und fruchtigen Aromen, da sie den Geschmack von Sojamilch und Sojabohnen erwartet“. Der in 30 Ländern empfangene Lifestyle-Channel News Asia dachte bei einer Verkostung an Sherry: „Die rostige Farbe des Getränks erinnert an einen jungen, der Geschmack an einen verdünnten Amontillado – sehr geschmeidig am Gaumen, mit dezenten nussigen und teigigen Aromen. Für Önophile kann es aufgrund seines Mangels an Körperstruktur und Tanninen zu weit hergeholt sein, Sachi als Wein zu akzeptieren. Es ist auch sehr schwierig, ihn mit schweren oder reichhaltigen Speisen zu kombinieren. Allerdings scheint er mit Käse sehr gut zu funktionieren, da seine sanften Umami-Noten dessen Geschmack unterstreichen.“ Ng liebt seinen Sachi, serviert mit 4° C, besonders zum veganen Käse von Nut Culture aus Cashewnüssen sowie zu Sushi, kassiert 25 € für die Halbliterflasche – und testet ein Verfahren für Sojaschaumwein.

Vielleicht harmoniert Sachi auch zum Doughmakase, das Masterchef-Juror Bjorn Shen ab 18. Januar in seinem Restaurant Small’s dem gewiss staunenden Singapur serviert: Es enthält vornehmlich Brot-Sushi, das rohe, gekochte oder gepökelte Meeresfrüchte auf lange gereiften Teigen mit hohem Feuchtigkeitsgehalt statt mit Reis präsentiert. Das Brot bietet Texturen und Geschmack des Hoch- und Niedertemperaturbackens, Binchotan-Grillens, Frittierens und Dämpfens.

Shens Küchenchef-Kollegen in einem halben Dutzend Singapurer Lokale beschäftigten sich in letzter Zeit damit, ihren Abfällen neues Leben einzuhauchen. So backt Drew Nocente vom Salted & Hung aus den Algenresten seiner Seetangöl-Herstellung kleine Muffins, die er mit Crème fraîche, Limettenschale, Garnelen und Kaviar belegt, oder verwendet Karottenabfall zu einem geräucherten Karotten-Ketchup für Rindersteak. Michael Wilson verarbeitet im Gardens by the Bay die Köpfe der Spanferkel zu einer Terrine fürs Zweitrestaurant Hortus. Und Remy Lefebvre mixt in seinem Casa die Fischreste mit Haferflocken und Kokosöl und backt daraus Hundekekse in Knochenform, 5 Stück für 8,25 €.

BROT-SUSHI: TUNA, GARNELE UND YUZU-KOSHO

Fotos: Sachi, Small’s