Problemlos für den menschlichen Verzehr fand die EU-Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) letzte Woche einen Käfer, dessen wenig Appetit machender Name Glänzendschwarzer Getreideschimmelkäfer von der Foodindustrie für den Publikumsgeschmack in Buffalo verniedlicht wurde. Diesem Alphitobius diaperinus, nach der Mehlwurm-Art Tenebrio molitor, dem Heimchen alias Grille Acheta domesticus und der Wanderheuschrecke Locusta migratoria das vierte EU-essbare Insekt, wird derzeit in Poulainville bei Amiens die größte vertikale Farm der Welt gebaut: 36 m hoch für die Kultivierung der Mehlwürmer zu jährlich 220.000 t Insektenprotein – und dem Gütesiegel eines negativen Kohlenstoffausstoßes, denn sie bindet und vermeidet über ihre gesamte Wertschöpfungskette hinweg mehr CO₂, als sie der Umwelt zumutet.
Bauherr und Betreiber ist das 2011 von Wissenschaftlern und Umweltaktivisten in Paris gegründete Unternehmen Ÿnsect; es ist weltweit führend in der Käferzucht und Herstellung von Insektenprotein und hat rosige Geschäftsaussichten. Denn die Denkfabrik World Resources Institute in Washington prognostiziert bis 2050 eine Lücke von 60 % zwischen dem Angebot und der Nachfrage nach Proteinen. Ÿnsect betreibt bereits Produktionsstätten in Dole (Burgund, seit 2016), Ermelo (bei Utrecht, 2017) und Lindsay (US-Bundesstaat Nebraska, März 2022) und bietet seine Käferproteine u.a. in Burgern, Riegeln oder Shakes in Frankreich, England, Deutschland, Österreich, Belgien und Dänemark an. Zeitgemäß attraktives Werbeargument: Die Ÿnsect-Käferzucht ist laut wissenschaftlicher Erkenntnis ernährungsphysiologisch genauso wertvoll wie tierisches Protein, stößt aber 98 % weniger Treibhausgase aus als die Rinderzucht und 80 % weniger als die Geflügelzucht und benötigt 90 % weniger Wasser als Geflügel und 96% weniger als Rindfleisch. Als ihnen das gesagt wurde, erklärten sich bei Umfragen in Frankreich und England 53 bzw. 51 % der Konsumenten bereit, insektenbasierte Nahrung aufzunehmen.
In ihrem „Horizont Europa“ erklärt die EU-Kommission „die bessere Verfügbarkeit und weitere Erschließung alternativer Proteinquellen, wie pflanzliche, mikrobielle, marine und insektenbasierte Eiweiße und Fleischersatzprodukte zum Forschungsschwerpunkt“. Das schmeckt Veganerinnen wie Nicole Kidman…
Fotos: Ÿnsect; Kidman in #celebritieswhoeatinsects